Nach Homers Erzählung: Dionysos
Semeles ruhmvoller Sohn, Dionysos will ich gedenken, wie er erschien am Strande des Meeres auf felsiger Klippe - rastlos wogte die Flut - ein Jüngling in frühesten Jahren. Flatternd umflogen sein Antlitz dunkle, prächtige Locken, doch seine wuchtigen Schultern umhüllte das Purpur. Da stürmten Räuber - Tyrrhener - flugs aus festgezimmertem Schiffe - weinrot blinkte das Meer - ihr Schicksal trieb sie in Unheil.
Jetzt erblickten sie ihn, sie nichten sich zu und in Eile setzten sie ihn auf ihr Schiff, voller Freude meinten sie, ein Sohn von Königen sei er , wollten ihn binden mit schmerzendem Fesseln, doch diese hemmten seine Freiheit nicht. Die weidenen Ruten fielen ins Weite, kaum dass sie Hände und Füße berührten.
Und wie er nun da saß, lächelnd aus dunklen Augen, da kam ein Gedanke dem Steuerer, dass er sofort die Gefährten heran rief, um ihnen zu sagen: "Wahnbesessene, welchen Gott habt ihr gefangen ? Welchen Starken gefesselt? Das festgezimmerte Schiff, nicht einmal das kann ihn tragen. Ein Gott ist´s, er gleicht nicht den sterblichen Menschen, vielmehr den herrn im Palast Olympos. Lassen wir eiligst ihn wieder los und das sofort ! packt ja nicht ihn an, damit er nicht grollend widrige Winde und wirbelnde Stürme errege.
Da schallt ihn der Schiffsherr. "Wahnbessesener! Schau auf dem Fahrtwind! Segel gezogen!" Sprach´s und setzte die Segel des Schiffes. Brausend bauschte der Winde die Segel, aber bald geschahen seltsame Taten. Süßer Wein rann über das Schiff, herrlich roch er, es quollen ambrosische Düfte. Es breitete sich ein Weinstock gleich nach allen Seiten sich aus an der Spitze des Segels, Trauben hingen in Fülle daran.
Nun endlich bei diesem Schauspiel schrien die Leute. "Steuerer, das Schiff an Land!" Da wurde drinnen im Schiffe, er - der Gott - vor ihnen zum Löwen, packte den Schiffsherrn, alle sahen´s, sprangen zusammen fliehend das böse Geschick ab, in das göttliche Meer und wurden Delphine.
Dem Steuerer aber ward Gnade und Rettung. Volle Beglückung gab ihm der Gott mit den Worten. "Mut ehrwürdiger Vater! Du bist mir herzlich willkommen! Dionysos bin ich, der Donnerer, den seine Mutter Semele, Kadmos Tochter, dem Zeus empfangen in Liebe."